Ein Hauch von Perfektion aus dem Hause Pichler
von Jürgen Rosenberger.
Ein schwärmerisches Gefühl beflügelt mich, als mir vor längerer Zeit im Cockpit der FlugModell das Angebot einer 3 m Pilatus PC-6 PORTER von Pichler ins Auge fällt. Irgendwie ein Klassiker im Flugmodellbau, irgendwie steht er schon immer auf meiner Wunschliste, mein Entschluss: „wird gebaut.“
Einige Tage nach der Bestellung versperren zwei mittelgroße Pakete den Eingangsbereich meines Hauses: Der Inhalt, Material für einen Modell der Spannweite 3,175 m und 2,30 m Rumpflänge. Eine erste Sichtung lässt erahnen ein Komplettbaukasten, der alles enthält vom Spinner über Anlenkungen, Schrauben, Räder sogar den Tank für einen Verbrenner, zudem in solider Qualität. Lästiges Zukaufen von Zubehör dürfte entfallen. Die einzelnen Teile sind nach Bauabschnitten durchnummeriert verpackt, Spanten und Rippen im Lasercut zugeschnitten. Man trennt Einzelteile über 1 mm Stege mit dem Cuttermesser aus dem jeweiligen Brett heraus, das Gewonnene lässt sich, wie der Bauverlauf beweist, ohne weitere Bearbeitung sauber sitzend in vorgefräste Zargen oder Steckungen einfügen.
Ein kritisches Wort zur Bauanleitung. Der Verlauf wird engmaschig mit Fotos und einem knappen englischen Kommentar verständlich dargelegt. Ein Manko soll nicht verschwiegen werden, die Fotos sind sehr klein, zudem in flauem schwarz/weiß Druck, so dass man sich beim Betrachten mitunter schwer tut. Hier hätte ich mir bessere Bilder gewünscht. Entweder größere Strichzeichnungen mit Zahlen versehen oder eine CD mit bunten Abbildungen.
Der Anleitung folgend beginne ich mit dem Flügel. Gleich auf dem dritten Bild der Hinweis: Man solle sicherstellen, dass die Öffnung des Sekundenklebers nicht auf eine Person zeigt. Okay, genug der juristischen Correctness von USA in alle Welt exportiert, das haben wir verstanden, beginnen wir mit dem Bau. Ein Flächenplan im Maßstab 1:3, also nicht 1:1, liegt vor. Man beginnt zunächst den Hauptholm aus zwei Sperrholzhälften über vorgelaserte Zargen zusammenzufügen, klebt eine Verstärkung auf und setzt nun rechtwinklig Rippe für Rippe ein. End- und Nasenleiste, die Steckfurchen sind eingefräst, werden angebracht, das Grundgerüst des Flügels steht nach kurzer Zeit. Im nächsten Schritt schieben wir die GFK-Steckungsrohre, ein vorderes, ein hinteres, fast ohne Krafteinwirkung und dennoch passungsgenau unter Zugabe von eingedicktem Harz in vorbereitete Ausschnitte der Flächen ein. Rahmen für Servos und die Öffnungen zu den Flügelarretierungen sind durch Einschnitte im Nut und Federprinzip an vorbestimmter Stelle einzuleimen. Jedes Bauteil lässt sich im Lego-Baukastenprinzip ohne Nachbearbeitung aufstecken und nach Bedarf mit Weißleim oder Sekundenkleber fixieren. Im Anschluss bringt man die exakt zugeschnittenen Beplankungen auf. Dies ist insofern erwähnenswert, weil so üblicherweise mühevolles Anpassen an Nasen- und Endleiste entfällt, begünstigt durch die rechteckige Grundform des Flügels. Der qualitativ hochwertige Vorfertigungsgrad aller Teile reduziert Schleifarbeiten auf ein Minimum. Ist das Baubrett lang genug, baut man beide Flügel in parallelem Arbeitsgang.
Im nächsten Schritt wenden wir uns den Flügelklappen zu, zwei für Querruder-, zwei für Landung. Perfekte Zuschnitte mit vorgefrästen Fugen bieten auch hier die Möglichkeit der simultanen Fertigung eines jeweils linken und rechten Querruders sowie zweier Landeklappeklappen. Erwähnenswert: Die Stellen, an denen später die metallischen Anlenkhebel einzubringen sind, erhalten durch vorgeschnittene Ahornblöckchen ein sinnvolles Widerlager. Eine begrüßenswerte Innovation. Wie oft habe ich es erlebt, dass sich eingebrachte Ruderhörner bei späterem Flugbetrieb losschlagen. Nach weniger als einer Woche mit nachmittäglicher Arbeit lagen zwei rohbaufertige Flügel auf dem Baubrett.
Im nächsten Schritt kommt das Höhenleitwerk mit Dämpfungsflosse und Rudern an die Reihe. Auf die gefräste Endleiste stecken wir rechtwinklig die einzelnen Rippen, fügen mittig eine obere, eine untere Kieferleiste ein und lassen den Weißleim austrocknen. Anschließend steht das Aufbringen der fertig zugeschnittenen Beplankung an. Hier zum ersten Mal eine Ungenauigkeit, vielleicht von mir verursacht, die aus einem Stück bestehende obere Beplankung muss ich zweiteilen, weil sich nach außen vorne ein Spalt zeigt. Ansonsten wie gehabt, zügiger Ruderbau Dank bester Laserschnitte, wie oben beschrieben kaum Schleifarbeit, alles paletti.
Der Bauanleitung folgend wenden wir uns dem für die Pilatus PORTER so typischen, selbstbewusst in den Himmel ragenden Seitenleitwerk zu. Auf die Endleiste steckt man profilierte Rippen, diese sind beidseitig zu beplanken. Das Seitenruder wird später durch ein in der Dämpfungsflosse eingebrachtes Servo angelenkt, während die Höhenruder über kurze Schubstangen aus dem Rumpf zu steuern sind. Im späteren Flugbetrieb wird sich herausstellen, dass die Dämpfungsflosse des Seitenruders unzureichend nach unten zum Rumpf abgefangen ist. Aus Sicht des Herstellers wird sie nur plan auf den Rumpfrücken geklebt. Bereits ein leichter Stoß auf das Ruder beim Verladen reichte aus, um einen Abbruch in der Auflagefläche zu verursachen. Da meine Pilatus auch zum Schleppbetrieb kommen soll, wird in der Folge ein Kohlefaserstab im Rumpf von unten nach oben in das Seitenruderlager durchgezogen, das schafft Stabilität.
Der Rumpfbau kommt an letzter Stelle. Er wird aus einer hinteren und einer vorderen Hälfte, sagen wir, in Lego- Manier zusammen gesetzt. Man legt das hintere rechte Seitenteil auf das Baubrett, leimt am Schwanzende beginnend Spanten in vorgelaserte Zargen ein, anschließend wird die gegenüberliegende Seitenwand aufgezogen. Nach ausreichender Trockenzeit, bei dem von mir verwendeten Ponal heißt das nach 10-15 Minuten, fügt man oben und unten Balsaleisten ein und kann mit Befriedigung eine hohe Stabilität das Rumpfstückes bei niedrigem Gewicht konstatieren. Nach Beplankung der Ober- und Unterseite, auch hier ist alles vorgeschnitten, wendet man sich abschließend dem Aufnahmelager für das Höhenleitwerk zu. Ein Balsaklotz vorne eingefügt, ist später in Rumpfkontur zu verschleifen, ein dreiteiliges Sperrholzlager wird eingeklebt. Man glaubt es kaum, das Höhenruder passt auf Anhieb ohne Nacharbeit.
Das Vorderteil hat naturgemäß ein höheres Materialaufkommen. Wir legen die ausgeschnittene rechte Seitenwand erneut auf das Baubrett und drücken die Spanten Stück für Stück in vorgelaserte Lochungen. Man kann es nicht genug betonen, die Passgenauigkeit ist überwältigend. Keine Nachbearbeitung, stecken, kleben, abwarten, fertig. Verzugsgefahr besteht so gut wie nicht. Ein einzubringender gelaserter Kabinenboden gibt die Ausrichtung der Spanten vor. Es folgt die Aufbringung der gegenüberliegenden Seitenwand, der oberen und unteren Beplankung sowie das Einharzen der beiden GFK-Steckungsrohre im Rumpf. Schlussendlich fügen wir beide Hälften zusammen. Jetzt fallen erstmalig Spachtel- und Schleifarbeiten an. Zum einen müssen die Übergänge zwischen Vorder- und Hinterteil nivelliert werden, zum anderen, so glatt das Baubrett auch ist, immer wieder entstehen Druckstellen auf der Balsaaußenhaut.
Motorenwahl, knatter, knatter oder summ, summ? Das Haus Pichler sähe es gerne, wenn ich mich für einen Elektroantrieb entschiede. Meine Gegenargumente: Zum einen wartet in meinem Regal ein unbeschäftigter DA 85 auf seinen Einsatz. Zum zweiten müsste ein 13 kg Modell mit einem 12 s Antrieb ausgerüstet werden. Will man an einem Nachmittag mindestens drei Flüge >10 Minuten absolvieren, wäre eine Investition von 3 x 12S-Akkus fällig. Angesichts eines vorhandenen Verbrenners ist mir das zu teuer. Außerdem ist die PORTER als Schleppmaschine vorgesehen, was dem Verbrennungsmotor ebenfalls das Wort redet. Das Argument eines Freundes aus einem Nachbarverein, man lade dort seine Akkus mit einem Benzin betriebenen Stromgenerator, ist ernstlich nicht in Erwägung zu ziehen.
Warten wir also ab, ob sich Knatter-Knatter bewährt! Keinesfalls soll die Kosmetik des Modells zerstört werden, ein Auspuff im Wilga-Look, nein Danke. Soll der Dämpfer im Rumpf verschwinden, bedarf dies einiger Überlegung. Der Anbau des DA an dem herstellerseitig vorgefertigten Bauteil, es ist mit Harz und Matte verstärkt einschiebbar, gestaltet sich unproblematisch, zumal Sturz und Seitenzug bereits eingearbeitet, nicht mühsam zu ertüfteln sind. Nächster Pluspunkt, der montierte Motor weist bis zur Nabe genau die vorgegebene Länge auf, die Haube ist problemlos aufschiebbar. Wie verhält es sich aber mit Krümmer und Dämpfer, können wir sie im Inneren verstauen, bekommen sie genug Kühlung? Von der Firma Zimmermann/Oeynhausen ordere ich ein Krümmerset, das "Modellbaukollech" Peter H. angepasst zusammenschweißt. Der Bogen des Krümmers tritt etwa 8 cm aus der Haube heraus, was kosmetisch nicht stört und vorteilhaft für eine gute Kühlung ist. Der Dämpfer kommt im Kabinenraum zu liegen, zur Kühlung schneide ich ein kreisrundes 8 cm Loch in die linke Seitentür, zusätzlich bleiben die hinteren Fenster beidseits unverglast. Die Bilder zeigen nur oberste Zylinderrippen samt Kerze ragen aus der Motorhaube heraus. Das spätere Auswiegen im Schwerpunkt bei 68 mm wird beweisen, das gewählte Antriebskonzept passt von der Gewichtsverteilung ideal. Die PORTER liegt auf Anhieb in der Waage. Aus Gründen der Sicherheit gebe ich 200 g Blei hinzu, um eine leichte Kopflastigkeit zu erreichen.
Der Einbau des Zubehörs gestaltet sich Dank guter Vorbereitung des Herstellers gewissermaßen im Minutentakt. Servos, sie gehören natürlich nicht zum Angebot, werden für Flügel, Seiten- , und Höhenleitwerk ohne weitere Zusatzarbeit eingeschraubt, über Schubstangen mit den Anlenkungen verschraubt, alles vorhanden, nichts muss zugekauft werden. Das gefederte Spornrad wird angeschraubt, über ein eigenes Servo angelenkt. Am Zweibeinfahrwerk mit Dämpfung ist eine Änderung fällig, weil die Dreiblattluftschraube 25,5/12 von Elster-Prop für meine Bedürfnisse bei einem 120 mm Raddurchmesser nicht genügend Bodenfreiheit hat. Ich entscheide mich nach dem Erstflug für 168 mm Fema-Räder, sie stehen dem Modell gut und schonen die Propellerspitzen.
Über die links gelegene große Zugangstür lassen sich die Einbauten vorzüglich erreichen. Der Passagierraum ist durch ein mittiges Brett zweigeteilt. Der Auspuff verläuft in der unteren Ebene, er ist vom auf gleicher Höhe liegenden Empfängersystem inklusive Bavarian Demon gut abgeschirmt. Tank und Batterien sind im oberen vorderen Anteil des Fahrgastraumes platziert. Vorne sitzt Ede der Pilot, auch er gehört zum Lieferumfang.
In Sachen Farbgebung und Bespannung entscheide ich mich für ein schweizer Glacier-Design mit Oracover-Folie in rot-weiß. Eine für Modellbauer freundliche Serviceleistung ist anzusprechen. Das Fenster-Material ist passgenau vorgeschnitten, man drückt die Klarsichtscheiben in die Rumpfausschnitte und fixiert die Ränder weit ab vom Sichtfeld mit wenigen Leimpunkten. Kein nervtötendes Zurechtschneiden der Kabinenverglasung, keine Kleberflecken, wann hat es das schon einmal gegeben? Weniger Gefallen findet die vorgesehene Flügelarretierung. Sind die Steckungsrohre in den Flügel eingeschoben, werden an beiden Enden von oben Kunststoffkeile in Rechtecklöcher eingeklemmt. Die Sicherung der Keile sollen dann Federn bewerkstelligen, im Klartext eine endlose, wenig praxistaugliche Fummelei.
Flugerprobung
Werte für Ruder und Schwerpunkt sind nach Anleitung eingestellt. Wichtigste Frage: Werden die Öffnungen in Türe und Seitenfenstern für eine ausreichende Kühlung sorgen? Probeläufe des DA 85 am Boden lassen keine Überhitzung erkennen, also ab zum Flugplatz. Natürlich ist das Wetter wieder schlecht, morgens scheint noch die Sonne und jetzt trüber Himmel. Egal, jetzt wird geflogen, schließlich leiste ich mir eine Profikamera, damit sie schlechtes Wetter kann. Der Start erfolgt mit Halbgas. Die Pilatus hebt bei angenehmem Geräuschpegel nach etwa 30 Metern ab. Das Fliegen gestaltet sich zunächst erfreulich problemlos. Die Maschine reagiert bei Halbgas gutmütig auf alle Steuerbefehle. Nach einiger Zeit fällt eine Ungereimtheit auf, die P6 giert bei erhöhter Motordrehzahl nach rechts. Im tiefen Vorbeiflug sehen wir, was später auch die Kontrolle am Boden bestätigt, das linke Querruderservo beginnt bei höherer Motordrehzahl zu oszillieren. Die erste Landung erfolgt ohne Landeklappen, angenehm stressfrei. Die Motorkraft wird zurückgenommen, mit Schleppgas eingeschwebt, die Maschine setzt butterweich auf.
Nach Austausch der angesprochenen Rudermaschine bieten weitere Starts ein vorbildliches Flugverhalten. Der DA 85 hat bei Vollgas genügend Reserven, größere Segler der 5 – 6 Meter-Klasse ohne Risiko in die Luft zu ziehen. Die Motorisierung erweist sich als ideal, Hitzestau ist im Rumpfinneren nicht zu erkennen. Die Pilatus typische Silhouette mit hohem Seitenleitwerk, langer Nase und storchähnlichem Fahrwerk ist von hohem Wiedererkennungswert. Man merkt dem Modell an, es ist Langzeit erprobt und nicht mit heißer Nadel gestrickt.
Fazit
Ein Komplettbaukasten von erlesener Qualität mit Liebe zum Detail bei gutem Preisleistungsverhältnis. Der Bauvorgang lässt infolge hochwertiger Vorfertigung in Kombination mit Passgenauigkeit keinen Frust aufkommen, alles fügt sich in Lego-Manier nahezu spaltlos ineinander. Im Flugbetrieb ein gutmütiges Modell, das auch für den Vereinsschleppbetrieb bestens geeignet ist.
Technische Daten: Pilatus PC-6 PORTER (Vertrieb Pichler) | Einheit | |
---|---|---|
Spannweite | mm | 3175- |
Länge | mm | 2300 |
Abfluggewicht | kg | 12,9 |
Schwerpunkt | mm | 68 hinter Nasenleiste |
Motor | ----- | DA 85 mit Zimmermann Krümmer und Dämpfer |
Luftschraube | ----- | 25,5/12 Dreiblatt Elsterprop |
Tank | ml | 750 |
Servos | ----- | 1 x Seite, 2 x Höhe, 2 x Quer, 2 x Klappe, 1 x Gas, 1 x Choke, 1 x Schleppkupplung |
Kreisel | ----- | Cortex Bavarian Demon |
Schleppkupplung | ----- | Modell Master DS 6040 Titan, Digital, Vertrieb Pichler |
Hersteller | ----- | The World Models Manufactoring Co. Ltd. (made in China) |
Vertrieb | ----- | Pichler |
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