Psycho-Hammer
Hochleistungs-Paraglider mit Zwei-Leiner-Technologie
Herry Hoffner - Claus Eckert
Hochleistungs-Paraglider mit Zwei-Leiner-Technologie
Herry Hoffner - Claus Eckert
Echte Neuheiten sind zur Zeit Mangelware am Modellbauhimmel. Klar, die xte Version der AS-Irgendwas wird es immer geben. Genau so den xten Klon einer Kunstflug- oder Scalemaschine. Aber etwas wirklich Neues, eine echte Innovation wie in den vergangenen Jahren, die fehlt momentan völlig.
Aber es gibt einen Lichtblick aus dem Bereich der RC-Paragleiter. Das liegt einerseits an der stetigen Entwicklung der personentragenden Gleitschirme. Zum Anderen liegt es daran, dass das Verständnis der Gleitschirmflugphysik bei neuen Schirmen besser umgesetzt wird. Zusätzlich geben neue Stoffe dem Ganzen einen weiteren Leistungsschub.
Maßstäbe setzt in der RC-Paragliderszene die noch relativ junge Firma CEFICS.
Herry Hoffner, ein bekanntes Urgestein der manntragenden Paraszene berichtet von seinen ersten Erfahrungen mit dem Psycho-Hammer von CEFICS.
Der Psycho-Hammer ist der erste Zwei-Leiner im Bereich von Paraglider RC-Modellen.
Was bedeutet "Zwei-Leiner"?
Ein Paraglider mit einem Zwei-Leiner-Konzept besitzt nur noch zwei Leinenebenen. Eine A- und eine B-Ebene.
Diese Technologie wird bei Wettkampf-Paraglidern z. B. bei Weltmeisterschaften und im World Cup eingesetzt. Dank ihrer höheren Endgeschwindigkeit können diese Zwei-Leiner-Paraglider im Schnellflug besser stabilisiert und gelenkt werden. Gleichzeitig wird durch dieses Konzept der schädliche Leinenwiderstand stark reduziert. Nur im mittleren Kappenbereich gibt es meistens eine minimale C-Ebene.
Beim Psycho-Hammer hat diese eine Länge von etwa 19 cm und führt direkt noch vor der zweiten Galerieebene zur B-Ebene.
CEFICS verwendet bei seinen leichten Skyman-Schirmen das Dokdo D10-Tuch. Die Firma Skyman hat damit seit vielen Jahren sehr gute Erfahrungen gemacht. Durch die dichte Webart gilt das D10-Tuch in puncto Luftdurchlässigkeit als das beste Tuch unter den Leichttüchern. Das Dokdo D10-Tuch wiegt 25 g/m².
Beim Psycho-Hammer wählte CEFICS einen neuen Weg. Für das Ober- und Untersegel wird das Dokdo D10-Tuch verwendet. Bei der Anströmkante im Obersegel sowie bei den Rippen, V-Rippen und Bändern, kommt das minimal schwerere Porcher Skytex mit 27 g/m² zum Einsatz.
Insgesamt sind von den 63 Zellen jeweils die vier äußeren Zellen komplett geschlossen.
Die Öffnungen der anderen Zellen sind relativ groß. Dadurch wird der Schirm gut belüftet. Über die gesamte Spannweite laufen im Untersegel drei Bänder. Diese sorgen zusätzlich für Spannung und Kraftverteilung im Segel. Die Hinter- und Vorderkante ist mit einem Saumband versehen. Bei den ersten sechs Zellen wird jede zweite Zelle aufgehängt, ab der siebten Zelle nur noch jede dritte Zelle. An den Rippen, an denen Aufhängungspunkte angebracht sind, wurden relativ lange Stäbchen zur Versteifung eingenäht. Am Obersegel betragen diese rund 20% und am Untersegel rund 75% der Flächentiefe. Mit diesen extremen Versteifungen ist der Psycho-Hammer trotz Streckung 9 und einer Spannweite von 5 m sehr klappstabil. Innen in den Zellen sind an den Aufhängungspunkten Verstärkungen zur besseren Kraftübertragung angebracht. Insgesamt ein sehr durchdachter, stabiler und hochwertiger Gesamteindruck.
Die ersten beiden Galerieebenen bestehen aus 0,3 mm Aramid-Leinen. Die dritte Ebene = Stammleinen besteht aus 0,4 mm Aramid-Leinen, gespleißt und vernäht. Der lange Spleiß von 6 cm sorgt dafür, dass sich die Verspleißung nicht löst. Durch die wenigen Aufhängungspunkte und durch die Leinengeometrie hat man in der A-Ebene nur zwei Leinen je Tragegurt und an der B-Ebene drei Leinen. Der Psycho-Hammer erzielt mit diesem Leinenkonzept einen sehr geringen Leinenwiderstand.
Auch das Leinensortieren ist damit ein Kinderspiel. Die Bremsleinen haben ein ähnliches Konzept. An den hinteren Tragegurten ist für die Führung der Bremsleine ein Keramikring angebracht.
Das sieht sehr edel aus und gefällt mir ausgesprochen gut - ein Detail wie bei meinem manntragenden Skyman CrossAlps 24. Für die 11 cm langen Tragegurte gibt es ein Tragegurt-Säckchen. Dies ist mit einem Klett versehen, mit dem man das Säckchen innen an der mittleren Rippe des Psycho-Hammers befestigen kann. Ein Leinenwirrwarr ist damit ausgeschlossen.
Der Psycho-Hammer ist der erste RC-Paraglider mit einer Gütesiegelplakette. Sie ist an der mittleren Querrippe des Schirmes angebracht. Auf dieser Gütesiegelplakette stehen die wichtigsten Daten zum Psycho-Hammer, z. B. die Bremsleinenlänge, die Größe und die Fertigungsnummer.
Einen Verbesserungsvorschlag habe ich aber noch.
Ein D-Ring, unten an den Tragegurten, würde die Beschleunigerleinenführung verbessern. Damit würden Beschleunigerleine und Tragegurt gerade nach unten geführt und nicht schräg nach innen.
Startvorbereitung
Wird der Psycho-Hammer Rippe auf Rippe zusammengelegt und so im Packsack aufbewahrt, liegt er nach dem Herausziehen fächerförmig vor dem Piloten. Danach werden die Tragegurte mit dem Schutztäschchen aus der mittlere Zelle entfernt und die Leinen auf Spannung gebracht. Nach dem Auseinanderziehen der Schirmkappe ist der Psycho-Hammer startklar. Durch die wenigen Leinen pro Tragegurtseite sind die Leinen schnell sortiert. Je Tragegurt gibt es einschließlich Bremsleine nur 6 Leinen.
Start
Der Start des Psycho-Hammer ist für einen Hochleister mit Streckung 9 einfach, jedoch nichts für Anfänger. Ein Paraglider mit 5 m Spannweite und einer außergewöhnlichen Streckung bedarf einer ausgefeilten Starttechnik. Eine leichte Vorbeschleunigung vereinfacht den Start. Hektisches Aufziehen des Paragliders (Sperrwurftechnik). funktioniert beim Psycho-Hammer wie bei extremen Hochleistern nicht.
Wendet man die „Sperrwurftechnik“ an, neigt der Psycho dazu, die „Ohren“ nach vorne zu klappen und ein "Brötchen" zu formen.
Für einen erfolgreichen Start ist ein gleichmäßiger Aufziehimpuls nötig. Damit der Psycho und andere Hochleister in den Zenit aufsteigen und sich befüllen, muss man den Paraglidern etwas Zeit lassen. Mit einem Startgewicht von 3,5 kg fängt der Psycho-Hammer sofort an zu tragen, ohne abzutauchen.
Kurvenflug
Mit dem Psycho-Hammer kann man sowohl schöne flache als auch extrem steile Kurven fliegen. Er setzt die Steuerimpulse direkt um, ohne nervös zu wirken. Der Flügel liegt sehr satt in den Kurven. Bei einem schnellen, extremen Kurvenwechsel sollte der Außenflügel gestützt werden, das gleiche gilt bei turbulenter Luft. Ohne diese Stützung treten kleine Klapper auf, die jedoch ohne Probleme behoben werden können. Steilspiralen sind ein Traum. Beim Ein- und Ausleiten hatte ich bis jetzt weder Klapper noch Störungen. Die Sinkrate bei einer Steilspirale ist extrem hoch.
Zur Zeit gibt es nur moderate Herbstthermik, weshalb ich zum Thermikverhalten nicht viel sagen kann. Der Psycho-Hammer zog schön in den Thermikbart rein, ohne sich aufzustellen. Bewegte Luft wird von diesem Paraglider deutlich angezeigt.
Beschleuniger
Den Beschleuniger habe ich bis jetzt noch nicht ausgereizt, 2-3 cm Beschleunigung setzte der Psycho-Hammer gut in Fahrt um. Wie schon beschrieben, beschleunige ich den Schirm] zum Start etwa 1 cm vor.
Klapper
Alle Klapper, ob Seitenklapper oder leichte Frontklapper, konnten bis jetzt ohne Probleme während des Fluges behoben werden. In der Herbstthermik zeigte er ein sehr überschaubares Flugverhalten.
Landen
Durch die hohe Gleitleistung lässt sich der Psycho-Hammer fein dosiert ausflaren.
Packen
Die Tragegurte werden nach dem Sortieren der Leinen in das dazu vorgesehene Säckchen gepackt. Dieses wird an dem Klett der mittleren Querrippe befestigt.
Durch die langen Stäbchen an der Anströmkante und am Untersegel ist es vorteilhaft, wenn der Paraglider nicht zusammengeknüllt wird. Am besten rafft man Zelle für Zelle von links und rechts an der Anströmkante zur Mitte hin zusammen. Danach muss man noch die Hinterkante sortieren und mit der Vorderkante voraus wird der Schirm in den mitgelieferten Packsack gesteckt. Den sollte man wegen der langen Stäbchen nicht abknicken. So garantiert der Psycho-Hammer ein langes Leben und dem Piloten viel Freude.
Fazit
Der Psycho-Hammer setzt neue Maßstäbe bei den RC-Paraglidern. Mit ihm wurde ein modernes, effektives Zwei-Leiner-Konzept umgesetzt. Diese Technologie gibt es bis jetzt so bei keinem anderen RC-Paraglider. Die Verarbeitungsqualität ist vom Feinsten! Diese sieht man in dieser Art sonst nur bei den manntragenden Hochleistungsrennsicheln im Wettkampf. Ich kenne bisher keinen anderen RC-Paraglider mit so viel herausragenden Details. Der durchaus stolze Preis ist für mich deshalb völlig gerechtfertigt!
Den Psycho-Hammer konnte ich in den letzten vier Tagen bei herrlichem Herbstwetter fliegen und testen.
Mein Resümee: Der Psycho ist der „Hammer“, ein "Ferrari" unter den RC Paraglidern.
Aus den gleichen Gründen, weshalb ich keinem Fahranfänger einen Ferrari empfehlen würde, kann ich den Psycho-Hammer auch keinem RC-Para-Anfänger empfehlen.
Erfahrene RC-Para-Piloten erhalten mit dem Psycho-Hammer jedoch einen High-Tech Paraglider, mit genialen Flugeigenschaften und viel Spaßpotential.
Bis jetzt hatte ich noch keine Störungen, die nicht behoben werden konnten. Wer über Wald oder sehr steilem Gelände fliegt, muss sich bewusst sein, dass bei solchen extremen Hochleisterflügeln das Segel z. B. verhängen kann und der Schirm dadurch außer Kontrolle gerät. Deshalb fliegen alle manntragenden World Cup-Spitzenpiloten, die mit solchen extremen Paraglider unterwegs sind, mit zwei Rettungsschirmen.
Bei den X-Alps mit ausgesetzten Start- und Landebedingungen und unter teilweise extremen meteorologischen Bedingungen, fliegen die Piloten Schirme, die nicht bis ins Letzte ausgereizt sind.
Deshalb empfehle ich bei schwierigen meteorologischen Bedingungen, wie starker Thermik oder extremen Windböen, den sehr robusten CrossAlp 2.8 = CA von CEFICS. In diesem Zusammenhang möchte ich auf das große Geschwindigkeitsfenster des CA hinweisen. Der CrossAlps ist der perfekte Paraglider für das Spiel mit der Bremse und dem Beschleuniger. Die Bremse ist nicht nur zum Steuern oder Landen eines Paragliders da. Gute Piloten benutzen diese und auch den Beschleuniger für das aktive Fliegen. Der CrossAlps kann extrem langsam und extrem schnell geflogen werden. Extrem langsam z. B. im Zusammenspiel mit Bremse und Beschleuniger. Jeder fragt vielleicht:"Was? Langsam fliegen mit Beschleuniger?". Ja, der Deutsche Hängegleiterverband (DHV) lehrt diese Technik auch bei den manntragenden Paraglidern. Wird die Bremse mit dem Beschleuniger richtig eingesetzt, sinkt der Paraglider wie ein Fallschirm langsam zurück zur Erde. Das beherrscht der CA exzellent. Gleichzeitig hat er ein fantastisches Steigverhalten und man kann mit ihm extrem eng kreisen, wenn die Bremse korrekt eingesetzt wird. Der CrossAlps ist ein perfekter Paraglider, um diese Flugtechnik zu erlernen, die später bei Paraglidern wie dem Psycho-Hammer benötigt wird.
Wieder einmal ist den Mitarbeitern von CEFICS mit dem Psycho-Hammer ein fantastisches Projekt gelungen!
Auf dem Foto der Psycho-Hammer zusammen mit einem manntragenden Paraglider.
Soweit Herry Hoffner zum Psycho-Hammer.
Inzwischen gibt es auch erste Videos, die den Psycho-Hammer im Flug zeigen:
In Großarl an der Loosbergalm ohne Antrieb:
Ebenfalls in Großarl an der Hoamalm:
Vorstellung auf der Messe in Nürnberg: